Als angestellter Arzt/Ärztin in einer Klinik oder Praxis magst du dich fragen, ob eine zusätzliche Berufshaftpflichtversicherung wirklich erforderlich ist. Schließlich scheint man durch den Arbeitgeber abgesichert zu sein. Doch die Realität zeigt, dass eine eigene Absicherung für Medizinerinnen in Angestelltenverhältnissen nicht nur sinnvoll, sondern in vielen Fällen unerlässlich ist.
In diesem Artikel beleuchten wir die verschiedenen Aspekte, warum eine eigene Berufshaftpflichtversicherung für angestellte Ärzt*innen von großer Bedeutung ist. Wir untersuchen die rechtlichen Grundlagen, potenzielle Risiken und die Vorteile einer individuellen Absicherung. Darüber hinaus geben wir praktische Hinweise zur Auswahl der richtigen Versicherung.
Wozu brauchst du als angestellte*r Arzt/Ärztin eine Berufshaftpflichtversicherung?
In der heutigen Zeit, in der Schadensersatzforderungen gegen Ärzt*innen aufgrund von Behandlungsfehlern zunehmen, ist es wichtiger denn je, sich umfassend abzusichern.
Risiken und Haftungsszenarien für angestellte Ärzt*innen
Angestellte Ärzt*innen sind in ihrem Berufsalltag verschiedenen Risiken ausgesetzt, die zu Haftungsansprüchen führen können. Es ist entscheidend, diese Szenarien zu kennen, um die Notwendigkeit einer eigenen Berufshaftpflichtversicherung richtig einschätzen zu können.
Typische Behandlungsfehler und ihre Folgen
Behandlungsfehler können trotz größter Sorgfalt vorkommen und schwerwiegende Konsequenzen haben. Häufige Fehlerquellen, die zu Haftungsansprüchen führen können, sind:
Falsche Diagnosen oder Therapien
Medikationsfehler
Hygienemängel
Unzureichende Aufklärung des Patienten
Die Folgen solcher Fehler reichen von leichten Gesundheitsbeeinträchtigungen bis hin zu schwerwiegenden Komplikationen oder sogar Todesfällen. In solchen Fällen können hohe Schadensersatzforderungen auf den Arzt/Ärztin zukommen, die die finanzielle Existenz bedrohen können. Es ist wichtig, dass du dich gegen solche Risiken absicherst, da die finanziellen Folgen ohne eine eigene Berufshaftpflichtversicherung kaum tragbar wären.
Haftung bei Teamarbeit und Delegation
In modernen medizinischen Einrichtungen ist Teamarbeit unerlässlich. Dabei kann es zu Situationen kommen, in denen die Verantwortlichkeiten nicht immer klar abgegrenzt sind. Als angestellter Arzt/Ärztin kannst du auch für Fehler haften, die durch delegierte Aufgaben entstehen. Auch hier bietet eine eigene Berufshaftpflichtversicherung einen wichtigen Schutz, da sie mögliche Haftungsansprüche absichert, die durch das Handeln von Kolleg*innen oder durch Delegation entstehen können.
Eine Berufshaftpflichtversicherung stellt sicher, dass du in allen beruflichen Situationen, auch bei unklaren Verantwortlichkeiten oder Teamfehlern, finanziell und rechtlich abgesichert bist.
Rechtliche Grundlagen der Arzthaftung
Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Haftung von Ärztinnen sind komplex und vielschichtig. Es ist wichtig, dass angestellte Mediziner*innen die grundlegenden Prinzipien verstehen, um die Notwendigkeit einer eigenen Berufshaftpflichtversicherung einschätzen zu können.
Gesetzliche Haftungsbestimmungen für Ärzt*innen
Im deutschen Recht basiert die Arzthaftung auf verschiedenen gesetzlichen Grundlagen. Zentral sind hierbei das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) und spezielle medizinrechtliche Vorschriften. Ärzt*innen haften grundsätzlich für Schäden, die durch Behandlungsfehler oder Verletzung der Aufklärungspflicht entstehen. Diese Haftung ist unabhängig davon, ob die Ärztin oder der Arzt angestellt oder selbstständig tätig ist.
Ein wichtiger Aspekt ist die sogenannte Garantenstellung des Arztes/der Ärztin. Diese verpflichtet den Mediziner, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um Schäden vom Patienten abzuwenden. Verletzt einer Ärztin diese Pflicht, kann er*sie sowohl zivilrechtlich als auch strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.
Unterscheidung zwischen vertraglicher und deliktischer Haftung
Die Arzthaftung unterscheidet zwischen vertraglicher und deliktischer Haftung.
Vertragliche Haftung: Diese ergibt sich aus dem Behandlungsvertrag zwischen dem Patienten und dem Krankenhaus oder der Praxis. Der angestellte Arzt/die angestellte Ärztin ist hier in erster Linie über den Arbeitgeber abgesichert. Dennoch können Besonderheiten im Vertragsverhältnis oder Fehler bei der Ausführung medizinischer Tätigkeiten zu persönlicher Haftung führen.
Deliktische Haftung: Diese basiert auf der allgemeinen Pflicht, niemanden durch eigenes Handeln zu schädigen. Hier haftet der Arzt/die Ärztin direkt, unabhängig vom Arbeitsverhältnis. Deliktische Ansprüche können beispielsweise bei einem grob fahrlässigen Verhalten oder einer Verletzung der Garantenpflicht entstehen. Deshalb ist die persönliche Berufshaftpflichtversicherung besonders wichtig.
Was bedeutet grobe Fahrlässigkeit?
Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Arzt/die Ärztin die im Beruf erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt. Ein typisches Beispiel ist die Verwechslung von Medikamenten trotz klarer Kennzeichnung oder die unterlassene Behandlung eines akuten Notfalls. Unserer Erfahrung nach leisten die meisten Arbeitgeberversicherungen auch bei grober Fahrlässigkeit. Dies sollte jedoch unbedingt geprüft werden, da die Grenzen zwischen Fahrlässigkeit und grober Fahrlässigkeit fließend sind und im Zweifelsfall unterschiedlich ausgelegt werden können.
Regressmöglichkeiten des Arbeitgebers
Ein Arbeitgeber kann Regressansprüche gegen angestellte Ärzt*innen geltend machen, wenn diese grob fahrlässig oder vorsätzlich handeln. Folgende Szenarien sind denkbar:
Der verursachte Schaden übersteigt die Versicherungssumme.
Die Versicherung des Arbeitgebers verweigert die Regulierung, weil die Ärztin/der Arzt ihre*seine Pflichten erheblich verletzt hat.
Der Arbeitgeber will die Kosten einer Schadensregulierung teilweise auf den Arzt/die Ärztin abwälzen.
Eine eigene Berufshaftpflichtversicherung schützt dich vor den finanziellen Folgen solcher Forderungen und ermöglicht dir, deinen Beruf mit mehr Sicherheit auszuüben.
Weitere Absicherung durch eigene Versicherung
Neben der rechtlichen Absicherung bietet eine eigene Berufshaftpflichtversicherung weitere Vorteile:
Umfassender Schutz: Deckung auch für Nebentätigkeiten, Notarztdienste und Gutachtertätigkeiten möglich. Diese sind in der Regel nicht über den Arbeitgeber mitversichert.
Rechtliche Unterstützung: Übernahme von Prozesskosten, anwaltliche Beratung und Abwehr unberechtigter Ansprüche.
Individuelle Anpassung: Möglichkeit, den Versicherungsschutz nach persönlichen Bedürfnissen zu gestalten.
Mit einer eigenen Berufshaftpflichtversicherung bist du in allen beruflichen Situationen optimal abgesichert – und das unabhängig von den möglichen Beschränkungen des Arbeitgebers.
Aber selbst dann, wenn du über deinen Arbeitgeber umfangreich versichert bist, solltest du eine eigene Berufshaftpflichtversicherung besitzen. Diese Notwendigkeit ergibt sich auch aus der (Muster-) Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärzt*innen, § 21.
Ist eine zusätzliche Rechtsschutzversicherung nötig?
Eine Rechtsschutzversicherung erstattet die Kosten, die im Zusammenhang mit einem Rechtsstreit entstehen. Das können Anwalts-, Gutachter- oder Gerichtskosten sein.
Im Zusammenhang mit einem möglichen Rechtsstreit z.B. wegen eines Behandlungsfehlers ist eine Rechtsschutzversicherung in den meisten Fällen nicht notwendig, da die meisten Berufshaftpflichtversicherungen ebenso wie die Rechtsschutzversicherung die oben genannten Kosten übernehmen würden.
Wichtig ist jedoch, dass die Berufshaftpflichtversicherung maximal bis zur groben Fahrlässigkeit leistet. Das bedeutet, dass mutmaßlicher Vorsatz nicht versichert ist. Wirft dir ein Patient oder eine Patientin ein vorsätzliches Fehlverhalten oder gar eine Straftat vor (sexuelle Übergriffe, Fehlbehandlung aus niederen Beweggründen wie Rassismus usw.), brauchst du zur Abwehr solcher Streitigkeiten eine entsprechende Rechtsschutzversicherung. Vorsatz, auch wenn er behauptet wird, ist kein Leistungsbestandteil einer Berufshaftpflichtversicherung.
Wir beraten dich gerne bei der Auswahl einer geeigneten Rechtsschutzversicherung.
Warum ist eine eigene Absicherung wichtig?
Eine zusätzliche Berufshaftpflichtversicherung schützt nicht nur in dienstlichen Situationen, sondern auch bei Risiken, die außerhalb des Tätigkeitsbereichs im Angestelltenverhältnis auftreten können. Diese Absicherung umfasst im Minimum das sogenannte Ärztliche Restrisiko, welches Tätigkeiten abdeckt, die in der Praxis oft nicht über den Arbeitgeber versichert werden:
Erste-Hilfe-Leistungen bei Unglücksfällen
Behandlungen in Notfällen
Freundschaftsdienste im Verwandten- und Bekanntenkreis
Behandlungen von Geflüchteten, Asylsuchenden und Wohnungslosen, soweit diese unentgeltlich erbracht werden
Taucharzt im In- und Ausland
Telemedizinische Tätigkeiten für diverse Anbieter
Theaterarzt
Da ein Arzt mit der Approbation jederzeit Arzt ist, gelten auch die genannten Tätigkeiten als beruflich. Deshalb sollte eine Absicherung des Ärztlichen Restrisikos als Basisabsicherung selbst dann bestehen bleiben, wenn der Arzt nicht mehr klinisch tätig ist – etwa in der Forschung, Verwaltung oder auch im Ruhestand.
Vor allem die Abwehr unberechtigter Forderungen nimmt einen großen Anteil der Leistungen durch den Versicherer ein. So sorgt die eigene Berufshaftpflichtversicherung dafür, dass du in allen beruflichen und berufsnahen Situationen optimal abgesichert bist – unabhängig von den Beschränkungen des Arbeitgeber-Schutzes.
Kosten der Berufshaftpflichtversicherung für Ärzt*innen
Die Kosten einer Berufshaftpflichtversicherung können je nach Fachrichtung und individuellen Anforderungen stark variieren. Für eine Restrisikoversicherung, die das ärztliche Restrisiko abdeckt, liegt der Beitrag bei etwa 80 € im Jahr. Diese Versicherung schützt dich vor den grundlegenden Risiken, die auch bei geringfügigen Nebentätigkeiten entstehen können, wie z.B. bei Erste-Hilfe-Leistungen oder bei unentgeltlichen Behandlungen von Verwandten und Bekannten.
Wenn du jedoch eine eigene Berufshaftpflichtversicherung benötigst, die nicht nur das Restrisiko, sondern auch alle weiteren beruflichen Risiken abdeckt, sind die Kosten deutlich höher. Je nach Fachrichtung und Umfang des Versicherungsschutzes musst du mit mehreren hundert Euro pro Jahr rechnen.
Für Ärzt*innen in der 1. Aus- und Weiterbildung gibt es jedoch speziell entwickelte Konzepte, die besonders kostengünstig sind und oft unter 100 € im Jahr liegen. Diese Tarife beinhalten häufig auch eine Privathaftpflichtversicherung, die die Absicherung für privaten Risiken erweitert.
Wie wählst du die richtige Versicherung aus?
Bevor wir dir ein passendes Angebot machen können, ist es wichtig, deine Tätigkeit und den Umfang des von deinem Arbeitgeber bereitgestellten Versicherungsschutzes zu klären. Der Arbeitgeber stellt dir eine Berufshaftpflichtversicherung für dienstliche Tätigkeiten zur Verfügung, die jedoch nicht alle Risiken abdecken muss.
Deshalb solltest du zunächst sicherstellen:
Welche Tätigkeiten durch die Arbeitgeberversicherung abgedeckt sind und in welchem Umfang.
Danach können wir prüfen, welche zusätzlichen Risiken du absichern möchtest, z.B. für Nebentätigkeiten, Notfalleinsätze oder Behandlungen im privaten Umfeld.
Auf dieser Grundlage können wir dir ein maßgeschneidertes Angebot für eine Berufshaftpflichtversicherung machen, das deinem Bedarf entspricht und dich optimal schützt.
Lass uns gemeinsam den passenden Schutz für dich finden, der nicht nur zu deinem Berufsalltag passt, sondern auch in Bezug auf die Kosten eine sinnvolle Lösung bietet.
תגובות