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AutorenbildPatrick Senn

Aktuelle Entwicklung: HDI jetzt mit vollständigem Verzicht auf konkrete Verweisung in der Berufsunfähigkeitsversicherung für Ärztinnen und Ärzte

Aktualisiert: 5. Aug.





Die Berufsunfähigkeitsversicherung für Ärztinnen und Ärzte ist ein komplexes Thema mit vielen Facetten. Eines der zentralen Elemente, das in der Vergangenheit immer wieder für Diskussionen gesorgt hat, ist die Frage der konkreten Verweisung. Mit einer wegweisenden Entscheidung hat die HDI Versicherung nun einen völlig neuen Weg eingeschlagen und setzt neue Maßstäbe im Markt. Ab dem 1. Januar 2024 verzichtet der Versicherer als erster Anbieter vollständig auf die konkrete Verweisung in der Berufsunfähigkeitsversicherung für Ärztinnen und Ärzte und alle anderen Berufsgruppen. Diese wegweisende Neuerung verspricht, den Leistungsfall für die Versicherten deutlich zu vereinfachen und lang ersehnte Klarheit in einem komplexen Bereich zu schaffen.

 

Verständnis der konkreten Verweisung


Um die Tragweite dieser Entscheidung vollständig zu erfassen, ist es wichtig, zunächst den Begriff der konkreten Verweisung zu verstehen. Im Gegensatz zur abstrakten Verweisung, bei der geprüft wird, ob der Versicherte theoretisch eine andere Tätigkeit ausüben könnte, bezieht sich die konkrete Verweisung auf eine während der Berufsunfähigkeit tatsächlich ausgeübte Tätigkeit.


Aktuelle Entwicklung: HDI jetzt mit vollständigem Verzicht auf konkrete Verweisung in der Berufsunfähigkeitsversicherung für Ärztinnen und Ärzte

Als Beispiel sei ein Chirurg genannt, der aufgrund einer Handverletzung nicht mehr operieren kann. Er entschließt sich zu einer Umschulung zum medizinischen Fachangestellten und nimmt diese Tätigkeit auf. In diesem Fall könnte der Versicherer ggf. bisher die Leistung aus der Berufsunfähigkeitsversicherung einstellen, da der Chirurg eine neue Tätigkeit konkret ausübt, die seiner Ausbildung, Erfahrung und sozialen Stellung entspricht.


HDI gehörte bisher zu den Anbietern, die auf die konkrete Verweisung verzichteten. Das heißt, auch in vielen älteren Tarifen ist dieser Verzicht bereits enthalten. Allerdings galt dieser Verzicht bisher nur für die Erstprüfung. Diese Differenzierung wurde nun aufgehoben, so dass der Verzicht auf die konkrete Verweisung nun auch für die Nachprüfung gilt.


Worum geht es bei der Erst- und Nachprüfung einer Berufsunfähigkeitsversicherung?


In der Berufsunfähigkeitsversicherung (BU-Versicherung) sind die Begriffe "Erstprüfung" und "Nachprüfung" von zentraler Bedeutung für den Leistungsanspruch und die weitere Leistungsgewährung. Beide Begriffe werden im Folgenden erläutert:


Erstprüfung


Unter Erstprüfung versteht man den Vorgang, wenn der Versicherte erstmals eine Berufsunfähigkeit geltend macht und Leistungen aus der BU-Versicherung beantragt. Dabei prüft der Versicherer, ob die Leistungsvoraussetzungen erfüllt sind. Die wichtigsten Aspekte der Erstprüfung sind


1. Nachweis der Berufsunfähigkeit:

Der Versicherte muss nachweisen, dass er seinen zuletzt ausgeübten Beruf wegen Krankheit, Unfall oder Kräfteverfalls voraussichtlich dauernd (mindestens 6 Monate) nicht mehr ausüben kann.

Dies geschieht in der Regel durch ärztliche Gutachten, Befundberichte und ggf. ergänzende Untersuchungen.

 

2. Berufsbild:

Es wird geprüft, welche konkreten Tätigkeiten der Versicherte in seinem Beruf ausgeübt hat, um zu beurteilen, ob er diese Tätigkeiten aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen noch ausüben kann.

 

3. Versicherungsbedingungen:

Der Versicherer prüft die vertraglichen Bedingungen und Ausschlüsse der BU-Versicherung. Dabei werden auch Klauseln wie die abstrakte Verweisung (d.h. die Möglichkeit, den Versicherten auf einen anderen zumutbaren Beruf zu verweisen) berücksichtigt.

 

Nachprüfung


Als Nachuntersuchung bezeichnet man den Vorgang, bei dem der Versicherer in regelmäßigen Abständen oder aus besonderem Anlass prüft, ob die Voraussetzungen für die Leistungsgewährung noch gegeben sind. Dies ist notwendig, da sich der Gesundheitszustand des Versicherten ändern kann. Die Hauptpunkte der Nachuntersuchung sind

 

1. Gesundheitszustand:

Der Versicherer fordert aktuelle medizinische Unterlagen an und kann den Versicherten zu einer ärztlichen Untersuchung einladen, um den aktuellen Gesundheitszustand und die Berufsunfähigkeit zu überprüfen.

 

2. Berufliche Situation:

Es wird geprüft, ob die versicherte Person in der Zwischenzeit wieder eine berufliche Tätigkeit aufgenommen hat oder ob sich die berufliche Situation verändert hat.

 

3. Vertragsbedingungen:

Die Versicherungsbedingungen werden daraufhin überprüft, ob Änderungen oder neue Ausschlussgründe vorliegen, die die Leistungsgewährung beeinflussen könnten.

Die Nachuntersuchung erfolgt in der Regel in regelmäßigen Abständen, z. B. alle ein bis zwei Jahre, oder bei Hinweisen auf eine wesentliche Veränderung des Gesundheitszustandes des Versicherten.


Beide Überprüfungen sind für den Schutz des Versicherten und für eine gerechte und korrekte Leistungsgewährung durch den Versicherer unerlässlich.

 

Komplexität und Herausforderungen


Die Anwendung der konkreten Verweisung war jedoch alles andere als einfach. Die Versicherer mussten in jedem Einzelfall sorgfältig prüfen, ob die neue Tätigkeit tatsächlich der bisherigen Lebensstellung des Versicherten entsprach. Dabei waren Faktoren wie Einkommen, soziale Wertschätzung und Qualifikationsanforderungen zu berücksichtigen. Diese Beurteilung war oft komplex und konnte zu Unstimmigkeiten zwischen Versicherer und Versicherten führen.


Zudem gab es immer wieder Diskussionen darüber, ob die konkrete Verweisung überhaupt noch zeitgemäß sei. In einer Gesellschaft, in der die lebenslange Beschäftigung in einem Beruf immer seltener wird, stellt sich die Frage, ob es sinnvoll ist, Versicherte daran zu hindern, sich neue Tätigkeitsfelder zu erschließen.


HDI setzt neue Maßstäbe


Mit dem vollständigen Verzicht auf die konkrete Verweisung hat die HDI nun einen mutigen Schritt unternommen und diese Diskussion beendet. Für alle Berufsunfähigkeitsversicherungen, die ab dem 1. Januar 2024 abgeschlossen werden, entfällt die Möglichkeit der konkreten Verweisung sowohl bei der Erstprüfung als auch bei späteren Nachprüfungen.


Diese Neuerung hat mehrere Vorteile:


1. Vereinfachung des Leistungsfalles: Versicherte müssen sich keine Gedanken mehr darüber machen, ob eine neue Tätigkeit ihre Leistungen gefährdet. Das schafft Klarheit und Sicherheit.


2. Flexibilität für die Versicherten: Berufsunfähige Personen können bedenkenlos eine neue Tätigkeit aufnehmen, um sich persönlich weiterzuentwickeln oder finanzielle Engpässe zu überbrücken.


3. Attraktivität für bestimmte Berufsgruppen: Insbesondere für Berufe mit hohen Qualifikationsanforderungen und gesellschaftlichem Ansehen, wie Ärzte, Rechtsanwälte oder Ingenieure, kann der Verzicht auf eine konkrete Verweisung ein entscheidender Faktor bei der Wahl des Versicherers sein.


Die Entscheidung der HDI hat in der Versicherungsbranche für Aufsehen gesorgt. Während einige Anbieter die Neuerung begrüßen und als kundenfreundlich bezeichnen, äußern andere Bedenken hinsichtlich der langfristigen Tragfähigkeit und möglicher Auswirkungen auf die Prämien.


Unabhängig davon ist es wahrscheinlich, dass andere Versicherer dem Beispiel der HDI folgen werden, um im Wettbewerb um Kunden nicht ins Hintertreffen zu geraten. Bereits heute gibt es Anbieter wie die Basler oder die Nürnberger, die zumindest für bestimmte Berufsgruppen auf die konkrete Verweisung verzichten.


Konsequenzen für Ärztinnen und Ärzte und andere Berufsgruppen


Für Ärztinnen und Ärzte und andere Berufsgruppen mit hohen Qualifikationsanforderungen und gesellschaftlichem Ansehen könnte der vollständige Verzicht auf die konkrete Verweisung ein entscheidendes Kriterium bei der Wahl des Versicherers werden. Insbesondere für junge Ärztinnen und Ärzte, die noch am Anfang ihrer Karriere stehen, kann diese Neuerung attraktiv sein, da sie ihnen mehr Flexibilität und Sicherheit bietet.


Auswirkungen auf die Leistungsprüfung


Mit dem Wegfall der konkreten Überweisung entfällt für Versicherer wie die HDI ein wichtiges Instrument zur Regulierung von Leistungsfällen. Stattdessen müssen sie sich stärker auf andere Aspekte wie die Prüfung einer möglichen Verbesserung des Gesundheitszustands konzentrieren.


Dies könnte zu einer Verschärfung der Leistungsprüfung in anderen Bereichen führen, um sicherzustellen, dass nur berechtigte Fälle Leistungen erhalten. Andererseits könnte der Wegfall der konkreten Verweisung auch zu einer Vereinfachung und Beschleunigung des Leistungsfallprozesses führen, da eine aufwändige Prüfung entfällt.


Fazit: Bahnbrechende Entwicklung mit Chancen und Risiken


Der vollständige Verzicht der HDI auf die konkrete Verweisung in der Berufsunfähigkeitsversicherung für Ärztinnen und Ärzte und andere Berufsgruppen stellt zweifellos eine wegweisende Entwicklung dar. Diese Neuerung schafft mehr Klarheit und Flexibilität für die Versicherten.


Während die Vorteile für die Versicherten auf der Hand liegen, müssen Versicherer wie die HDI sorgfältig abwägen, wie sie mit den möglichen Auswirkungen auf Beiträge, Überschüsse und Leistungsprüfung umgehen. Geeignete Gegenmaßnahmen und eine sorgfältige Beobachtung der Entwicklungen werden entscheidend sein, um die langfristige Tragfähigkeit und Attraktivität der Berufsunfähigkeitsversicherung zu gewährleisten.


Unabhängig davon hat die HDI mit ihrem mutigen Schritt eine Diskussion angestoßen, die die gesamte Versicherungsbranche beschäftigen wird. Ob andere Anbieter dem Beispiel folgen oder alternative Lösungen finden, bleibt abzuwarten. Fest steht jedoch, dass die Berufsunfähigkeitsversicherung für Ärztinnen und Ärzte und andere hochqualifizierte Berufsgruppen an Bedeutung gewinnen wird und innovative Ansätze erfordert, um den Bedürfnissen der Versicherten gerecht zu werden.




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